Der Berg Kailash – Die größte mystische Bibliothek
Sadhguru spricht über den Berg Kailash, den gewaltigen Aufbewahrungsort mystischen Wissens
Sadhguru: Der Berg Kailash ist die größte mystische Bibliothek. Menschen machen seit einigen tausend Jahren die Pilgerfahrt dorthin. Im Allgemeinen reden die Menschen von 10.000 bis 12.000 Jahren, viele Menschen sagen, es sei viel mehr als das.
Als sich die Wahrnehmung großartiger Wesen öffnete und sie das Leben auf eine viel tiefere Weise kennen lernten, als die Menschen es normalerweise kennen, gab es für sie keine Möglichkeit, es mit jemandem zu teilen, weil es nicht im Wahrnehmungsbereich der Menschen lag. Sie suchten immer nach einigen wenigen Personen, in die dieses Wissen heruntergeladen werden konnte, aber sie waren nicht immer erfolgreich. Es ist sehr, sehr selten, dass ein Meister Menschen findet, denen er alles von sich selbst übermitteln kann. Die Mehrzahl der Meister geht, ohne jemals in der Lage zu sein, das zu übermitteln, was sie wirklich übermitteln wollen. Ich würde sogar sagen, dass das, was ich in meinem Leben in Bezug auf die Weitergabe von Wissen tun kann und was ich tue, nur 2% von dem ist, was ich bin. Wenn ich es um einen Prozentpunkt erhöhen kann, bevor ich tot umfalle, ist das eine große Errungenschaft. Also, wo lässt man all das? Du willst nicht, dass dies verloren geht.
Die Wohnstätte von Shiva
Im Allgemeinen wählten die meisten Yogis und Mystiker in Indien immer Berggipfel, weil sie nicht häufig von Menschen besucht wurden, weil sie sichere Orte waren. Sie wählten Felsen, um ihr Wissen in einer Energieform zu deponieren. Jahrtausendelang reisten verwirklichte Wesen immer zum Berg Kailash und deponierten ihr Wissen in einer bestimmten Energieform. Sie benutzten diesen Berg als Grundlage und schufen dies. Aus diesem Grund sagen die Hindus, dass Shiva dort lebt. Wenn wir sagen, dass es die Wohnstätte von Shiva ist, bedeutet das nicht, dass er immer noch dort oben sitzt oder tanzt oder sich im Schnee versteckt oder so etwas. In der yogischen Kultur sehen wir Shiva nicht als Gott, wir sehen ihn als den Adiyogi, den ersten Yogi, und den Adi-Guru, den ersten Guru. Seit der Zeit Shivas haben viele Yogis aus allen Traditionen alles, was sie wussten, hier in einer bestimmten Energieform gespeichert.
In der südindischen Mystik heißt es immer, dass ihr größter Yogi, der die Grundlage ihrer Tradition bildet, Agastya Muni, dort in der Südwand des Berges lebt. Die Buddhisten sagen, dass drei ihrer Hauptbuddhas, Manjushree, Avalokiteshwara und Vajrapani, alle dort in dem Berg leben würden. Die Anhänger des Jainismus sagen, dass Rishabh dort in dem Berg lebt. Das bedeutet nicht, dass sie tatsächlich dort leben, aber sie haben ihre gesamte Arbeit dort deponiert, weil sie diese nicht an die Menschen weitergeben konnten – eine Vielzahl von gesellschaftlichen Umständen erlaubt es einem nicht, das zu tun. Alle 63 Nayanmars, die 63 großen Heiligen aus Südindien, darunter eine der heiligen Frauen, kamen, weil sie nie die Möglichkeit hatten, ihre Wahrnehmung den Menschen um sie herum zu übermitteln, die gesellschaftlichen Realitäten erlaubten dies nie. Es ist also eine Schatzkammer des Wissens.
Die größte Bibliothek
Wenn man sich zum Kailash begibt, ist man wie ein Analphabet, der in eine riesige Bibliothek geht. Nehmen wir an, du bist Analphabet und kommst in eine Mega-Bibliothek. Alle sitzen da und lesen all diese Bücher. Du kennst nicht ein Wort davon, aber du wirst überwältigt sein. Wenn du es lesen möchtest, musst du beim ABC anfangen. Du musst die Grundlagen lernen, wie man das Leben entschlüsseln kann, angefangen bei dir selbst. Wenn du dieses kleine Bruchstück des Lebens nicht entschlüsseln kannst, steht es außer Frage, alles andere im Kosmos zu entschlüsseln. Im Moment brauchst du also eine Vision, sonst können wir dich nicht erziehen. Nur wenn du sehen kannst, kann ich dir das Alphabet beibringen.
Wenn du das Alphabet erfasst hast, dann möchtest du den Satz lesen. Wenn du den Satz liest, willst du das Buch lesen. Wenn du das Buch liest, dann willst du alles wissen. Solange du keinen Geschmack davon hast, wirst du nicht einmal in diese Richtung tendieren. Sagen wir, die ganze Gesellschaft besteht aus Analphabeten, denen niemals der Gedanke kommen wird, etwas zu lesen. Wenn plötzlich ein Mann lesen kann, werden sie ihn ansehen und sagen: „Wow!“ Was für eine Ermächtigung, nur weil er lesen kann.
Das war früher in den indischen Dörfern so, als wir jung waren – es gab nur ein oder zwei Menschen, die lesen konnten. Es gab zum Beispiel einen Ehemann und eine Ehefrau – frisch verheiratet; total verliebt ineinander. Der Ehemann musste einen Monat lang verreisen, aber es gab kein Handy, nichts – wie kommunizieren? Während der Abwesenheit des Ehemannes schrieb also dieser Mensch, der lesen und schreiben konnte, Briefe für die Ehefrau. Sie sagte alles, was sie sagen wollte, er schrieb das alles, nahm es und verschickte es alle drei Tage. Und der Ehemann hatte ihr auch Briefe geschrieben.
Wenn ein Brief kam und es im Dorf nur einen Menschen gab, der lesen konnte, musste man seine Intimität mit diesem Menschen teilen. Er kam nach Hause und las diesen Liebesbrief für dich. Ich konnte beobachten, wie dies geschah; es war sehr schön und berührend mit anzusehen. Du hättest sehen sollen, wie sie ihn angeschaut haben, als er den Brief öffnete und las – er war wie Gott für sie, weil er diesen Brief lesen und ihnen sagen konnte, was es war.
Hiermit verhält es sich auch so, nur auf einer anderen Skala. Wenn du diese verschiedenen Dimensionen wirklich entschlüsseln und kennen lernen willst, musst du ein gewisses Maß an Aufwand, Zeit und Leben investieren. Aber wenn du nur die Kraft spüren willst, kannst du in bestimmte Räume kommen, dort sein, die Kraft spüren, sie genießen, etwas aufnehmen und gehen. Die Gnade davon ist vorhanden, aber das Wissen darum erfordert Einsatz.
Die Reise eines Lebens
Welche Tempel und Orte und was es sonst noch auf der Welt geben mag – und ich war an vielen wirklich heiligen Orten, ich war an vielen wirklich kraftvollen Orten, ich habe viele mächtige Wesen gesehen –, wenn ich mich vor ihnen verbeuge, bin ich aufrichtig, aber ich verbeuge mich vor ihnen ein bisschen weniger, als ich mich vor meinem Guru verbeugen würde, immer. Es spielt keine Rolle, ob es Kedarnath oder Gautama Buddha ist oder wer auch immer vor mir erscheint, ich verbeuge mich aufrichtig vor ihnen, aber etwas weniger, als ich mich vor meinem Guru verbeugen würde. Aber wenn ich mich vor Kailash verbeuge, verbeuge ich mich vor ihm genauso, wie ich mich vor meinem Guru verbeugen würde. Noch nie zuvor in meinem ganzen Leben habe ich das mit irgendetwas oder irgendjemandem gemacht, ich habe mir immer ein kleines bisschen vorbehalten. Aber bei dieser Gelegenheit, als ich mich einmal verbeugte, habe ich mich wirklich verbeugt, so wie ich es Ihm gegenüber tue.
Was die inneren Dimensionen betrifft, so ist alles, was du jemals wissen willst, im Kailash. Wenn du weißt, wie du es wahrnehmen und entschlüsseln kannst, dann ist alles, was du jemals über deine eigene Schöpfung, über deine Entstehung und deine Existenz, und über deine Befreiung wissen möchtest, es ist alles da. Jede Form davon, jede Tradition hat dieses Wissen dort deponiert, und es ist sehr gut verfügbar. Wenn jemand gewillt ist, seine Wahrnehmung zu ausreichender Klarheit zu steigern, ist es deutlich sichtbar. Kailash ist also etwas, das wir verstehen, und wir wissen, wie es gemacht wird und so weiter. Manasarovar ist etwas Absonderliches, etwas völlig Absonderliches.
Ich bin nicht in einem innerlichen Zustand, in dem ich irgendeine Pilgerreise machen muss, aber dennoch war diese Pilgerreise nach Kailash Manasarovar für mich von der Erfahrung her absolut erstaunlich. Ich hätte nie erwartet, dass es so ist, denn ich bin so gemacht, dass ich von nichts überrascht bin. Ich habe genügend gesehen. Ich bin durch so vieles im Leben gegangen, dass mich nichts wirklich überrascht, das ist es, wie ich bin. Es spielt keine Rolle, was ich sehe, denn das Merkwürdigste vom Merkwürdigen, das Sonderbarste vom Sonderbaren habe ich in meinem Leben gesehen. Dinge, die du nicht glauben kannst, sind für mich eine tägliche Realität gewesen. Dinge, die für die Menschen wie Märchen sind, waren für mich immer lebendig, aber Manasarovar ging weit über alles hinaus, was ich bis jetzt gesehen habe.
Heute erkennen die modernen Naturwissenschaften an, dass es 11 verschiedene Dimensionen gibt. Sie sind noch nicht in der Lage, herauszufinden, was sie sind. Sie sagen, es seien parallele Dimensionen. In den yogischen Systemen haben wir immer gesagt, dass es 21 Dimensionen gibt, nicht nur parallel zueinander – sie sind ineinander umschlossen. Es gibt viele Wesen, die ganz und gar nicht so sind wie du. Sie haben nichts Menschliches an sich. Sie sind so sehr hier wie du, aber für dich existieren sie nicht. Für sie könntest du existieren oder auch nicht, je nachdem, wer sie sind. Es ist eigentlich nicht angebracht, es so zu sagen, aber es ist wie 21 kosmische Räume, einer in dem anderen. 21 Schöpfungen sind ineinander verschmolzen, die alle unabhängig voneinander funktionieren. Man wird sich der anderen nicht einmal bewusst sein, wenn man sie nicht transzendiert.
Kailash und Manasarovar sind also keine Frage der Überzeugung, oder eine Frage des Glaubens, es ist keine Frage der Religion. Es ist definitiv ein sehr erweiterter Raum im Vergleich zu dem, in dem du normalerweise lebst.