Schlaf und zur Ruhe Kommen
Während einer Sitzung des Jaipur-Literaturfestivals 2017 stellte Sanjoy Roy Sadhguru eine Frage über den Schlaf und die Tendenz, davon besessen zu sein
Sanjoy Roy: In deinem Buch „Die Weisheit eines Yogi: Wie innere Veränderung wirklich möglich ist“ sprichst du über Schlaf, unsere Besessenheit von dem Bedürfnis zu schlafen und so viele andere Dinge, von denen wir besessen sind.
Sadhguru: Der Körper braucht keinen Schlaf – er braucht Ruhe. Nach den Erfahrungen der meisten Menschen ist Schlaf die tiefste Form des zur Ruhe Kommens, die sie kennen, deshalb sprechen sie über Schlaf. Aber im Wesentlichen verlangt der Körper nicht nach Schlaf, sondern nach Ruhe. Wenn du viele Aktivitäten ausübst, bauen sich im Körper Rückstände an körperlichem Stress auf. Irgendwann will der Körper also einschlafen.
Es gibt so genannte Experten, die sich für das Schlafen einsetzen. Ich denke, es besteht keine Notwendigkeit, sich für Schlaf einzusetzen – Menschen schlafen ein, wenn sie müde sind. Aber die Leute reden davon, alle Menschen acht bis zehn Stunden am Tag schlafen zu lassen. Nehmen wir an, du lebst hundert Jahre – wenn du die Vorschrift befolgt hättest, acht Stunden am Tag zu schlafen, hättest du schließlich über dreiunddreißig Jahre geschlafen.
Der Aspekt des zur Ruhe Kommens ist von den Menschen nicht verstanden worden. Probiere heute mal diese einfache Sache aus – prüfe deinen Puls vor und nach dem Essen. Wenn du nun Isha Kriya lernst, eine sehr einfache Übung, für die du nur zwölf Minuten am Tag brauchst, wenn du das vier bis sechs Wochen lang machst, und wenn du deinen Puls vor und nach dem Essen noch einmal überprüfst, wirst du sehen, dass er niedriger ist. Das bedeutet, dass du mit niedrigerer Drehzahl fährst. Wenn du dein Auto weiterhin bei 5000 Umdrehungen pro Minute fährst, nutzt es sich schneller ab als bei 2000 Umdrehungen pro Minute. Ähnlich verhält es sich, wenn du ständig mit einer hohen Pulsfrequenz unterwegs bist; dann arbeitest du dich zu Grunde, und dann versuchst du, dies durch mehr Schlaf zu kompensieren.
Wenn du Ruhe hineinbringst, bringst du Leichtigkeit in dein System. Wenn du hier mit absoluter Leichtigkeit sitzt, ist die Menge an verbleibendem Stress, die sich in deinem physischen Körper aufbaut, sehr gering. Fast siebenundzwanzig Jahre lang kam ich im Durchschnitt mit zweieinhalb bis drei Stunden Schlaf aus. In diesen Tagen werde ich ein wenig faul und schlafe vier bis viereinhalb Stunden!
Es muss nicht festgelegt werden, wie viele Stunden man schlafen muss. Wenn du dich ausreichend entspannt fühlst, musst du wach werden. Wenn Körper und Geist auf einem bestimmten Niveau der Wachsamkeit und der Bewusstheit gehalten werden, wirst du sehen, dass sie, sobald sie gut ausgeruht sind, es kaum erwarten können, zum Leben zu erwachen.